Die Tegernseer auf dem Weg zum AFF Jahrestreffen 2025

2 Tage zuvor war alles ok, aber dann...

Wir waren so gut vorbereitet. Schon Wochen vor der Abfahrt vom Tegernsee zum Jahrestreffen nach Lahnstein hatten wir alles durchgeplant: Wir wussten, dass wir dieses Mal in Rekordbesetzung die rund 550 Kilometer in Angriff nehmen werden. Denn insgesamt 13 Oberbayern wollten unbedingt mitkommen. Fast wären wir sogar 15 Mann gewesen. Aber Manfred musste beruflich bedingt doch noch absagen und Marc hatte bereits eine Autoreise nach Schottland im Visier – mit seinem Opel Admiral 2.8.

Noch im April deutet nichts darauf hin. Im Gegenteil, alles läuft generalstabsmäßig. Wir konnten drei Anhänger (einer davon für zwei Autos, aber leider ohne Auffahrrampen - davon später) organisieren und ebenso viele Zugwagen. Markus ist mit der Winterüberholung seines notorisch klappernden Seitenventiler-V8 in seinem grünen 1932er Ford fertig geworden. Es waren vom Vorbesitzer des Motors kreuz und quer vertauschte Pleuellagerschalen, die dann bei manchen Lagern zu wenig Spiel und damit Klemmen verursachten, bei anderen Lagern zu viel Spiel und damit Öldruckverlust und üble Tackergeräusche. Der 1928er Ford A Phaeton von Axel läuft sowieso fast immer brav, der 1979er Ford Fiesta 1.1 Ghia von Markus‘ Sohn Stefan ebenso. Der Seitenventiler-Achtzylinder in dem dunkelroten 1932er Ford V-8 von Martin brummt nach 20(!) Jahre langer Zündungsmisere nun schon seit zwei Jahren fast gespenstisch problemlos. Und auch Helmuths 1950er Ford Custom wird nach einem Kupplungstausch rechtzeitig vor dem Treffen fertig. Sorgen macht uns nur der 1964er Ford Thunderbird von Stefan No.2, bei dem kein Bremslicht funktioniert. Klingt harmlos, weshalb wir uns erst drei Tage vor Abfahrt der Sache annehmen.

Ein Fehler: Denn der Blick unter den Thunderbird und in den Gepäckraum offenbart eine ziemlich wilde Elektrikbastelei derer, die den Amerikaner seinerzeit für den deutschen TÜV umgerüstet haben. An den Glühlampen liegt es jedenfalls ebenso wenig wie am Bremslichtschalter.

Doch es kommt noch richtig dick: Zwei Tage vor Abfahrt bricht bei einer letzten Probefahrt mit dem Fiesta 1.1 ein Feuer im Motorraum aus. Stefan schafft es zwar, die Flammen relativ schnell zu löschen, doch neben verbranntem Lack auf der Motorhaube und an der Spritzwand hat es etliche Kabel und Stecker erwischt. Das Feuer hat sich dabei auch in den Hauptkabelbaum gefressen. Damit ist klar: Der Fiesta, der wie der Thunderbird auf Achse hinter unserem Anhängerkonvoi nach Lahnstein rollen sollte, ist raus. Da helfen auf die Schnelle auch die bekannten Zauberhände von Stefans Papa nichts. Markus bietet seinem komplett am Boden zerstörten Sohn an, seinen Taunus 12M G13 ALS als Ersatz pilotieren zu dürfen. Große Ehre, aber der Taunus ist schon länger nicht mehr bewegt worden und müsste deshalb für die insgesamt mindestens 1200 Kilometer erst einmal vorbereitet werden. Da fehlen uns Zeit und Teile.

Um den traurigen Stefan aufzuhelfen, entsteht bei Martin spontan eine Idee: Stefan soll seinen Diesel-Pickup nehmen. Der 42 Jahre alte Ford F-250 mit 6,9-Liter-V8-Saugdiesel und Viergang-Schaltgetriebe ist langstreckenbewährt und immer einsatzbereit, weil er gerne am Wochenende als Einkaufswagen und für Fahrten zum Wertstoffhof genutzt wird.

Cooles Angebot, sagt Stefan und strahlt endlich wieder. Zusammen mit Lukas fahren die beiden Youngster völlig losgelassen von den Alten im F-250. 

Na denn, los geht’s. Am Abend zuvor werden alle Oldies auf die Anhänger bugsiert, Werkzeug eingeladen, Bier und Weißwürst sowie Brezn für das Mittagessen am Folgetag gebunkert. Und pünktlich um Punkt 5 Uhr früh (Aua!!!) treffen sich alle 13 Mann am Vatertagsmorgen zur Abfahrt.

Unser Zwischen- und Mittagsziel ist Schriesheim bei Heidelberg. Warum ausgerechnet dort? Weil der dort wohnende Klaus, den wir als Urlauber und Oldtimerfreund am Tegernsee kennengelernt haben, uns großzügigerweise eingeladen hat, bei ihm und seiner Familie die Mittagspause verbringen zu dürfen. Total sympathisch, der Klaus. Und völlig unkompliziert, seine Familie (coole Tochter mit einer Sammlung schneller Ducatis). Der Plan: Wir bringen Weißwürst und Brezn für alle mit, Klaus stellt dafür seine schattige Terrasse zur Verfügung.

Doch nur 15 Kilometer vor diesem Etappenziel bemerkt unsere nun bereits ziemlich hungrige Kolonne, dass ein Gespann auf einmal zurückfällt: der Ford Transit von Frank, der den 1950er Ford Custom von Helmuth zieht. Was ist da los? Aus dem Transit kommen per Telefon hektische Infos vom Standstreifen der Autobahn: totaler Leistungsverlust, sehr verdächtige Geräusche. Ein Notfalltrupp mit Werkzeug fährt zurück zum Transit: Die Riemenscheibe des 255.000 km gelaufenen Dieselmotors hat sich zerlegt und dabei natürlich auch noch die Riemen zerfetzt. Das ist schlecht. Wir entfernen das Riemenchaos so gut es geht, starten den Transit neu, hängen den beladenen Trailer an den mitgebrachten Zugwagen und so schleicht der Transit wenigstens die letzten Kilometer bis zum Mittagsziel.

Doch wie schaffen wir nun die letzten 180 Kilometer bis Lahnstein? Der Plan: Klaus, unser selbstloser Mittagspausenwirt erklärt sich spontan bereit, den maladen Transit mit seinem Kia Sorento nach Lahnstein zu trailern. Deshalb rollt Helmuth nun mit seinem 1950er Ford Custom dann auf Achse hinterher.

Schon nach wenigen Kilometern auf der Autobahn stellt sich heraus: Der arme Kia hat arge Probleme mit dem eigentlich zu kleinen Anhänger, auf dem der hochbauende und schwere Transit (mit langem Radstand!) beängstigend wackelt und dadurch das ganze Gespann zum Schlingern bringt. Das fällt auch einer zufällig auf die Autobahn auffahrenden Polizeistreife auf. Als wir uns bereits plausible Ausreden überlegen, realisieren die Ordnungshüter aber offenbar korrekt, dass hier ein ganzer Konvoi mit lauter Verrückten unterwegs ist, die sie alle stoppen müssten. Auf verrückte Bayern haben die Polizisten offenbar keine Lust, winken ab und lassen uns ziehen.

Am Treffen angekommen müssen wir erstmal "kreativ" abladen, da uns die übliche Hebebühne fehlt, um den großen Anhänger mit den zwei Autos zu entladen. Weil wir keine so lange und stabilen  Rampen haben, laden wir erst auf den Einzelanhänger um und von dort auf die Straße. Geht nicht, gibt's nicht!

Während des AFF-Jahrestreffens wollen wir versuchen, den Transit zu reparieren. Deshalb will Markus am Freitag die benötigten Ersatzteile organisieren und ruft deshalb AFF Rouven Picker an. Der wiederum schafft es durch seine Kontakte, die Teile aus dem Lager des Ford-Händlers Förster in Koblenz zu bekommen – trotz Brückentag. Das Lager des Händlers ist tatsächlich geöffnet und mit dem nimmermüden F250 Diesel-Pickup werden die Teile auch standesgemäß abgeholt.

Was uns Sorgen macht: Die Riemenscheibe ist mit drei fetten Dehnschrauben mit je 45 Nm+120Grad angezogen und muss nach dem Austausch auch mit dem gleichen Prozedere wieder angezogen werden. Normalerweise steht so ein Transit bei solch einer Reparatur auf einer Hebebühne, so dass man von unten an die dicken Schrauben kommt und vor allem mit einem meterlangen Schraubenschlüssel auf so viel Drehmoment plus einen ebenso langen Gegenhalter. Am Parkplatz des AFF-Treffens gibt es natürlich weder Hebebühne noch Riesen-Schraubenschlüssel.

Wir legen trotzdem los: Zunächst wird klar, dass der rechte Scheinwerfer, der Kompressor der Klimaanlage und diverse Umlenk- und Spannrollen stören – weg damit. Aber wie die dicken Riemenschrauben lösen? Nach etlichen Fehlversuchen greift Sepp zu einer normalen Ratsche und versucht, Hebelkraft durch pure Muskelkraft zu ersetzen. Der ganze Transit wackelt, Sepp ächzt vernehmlich unter der körperlichen Belastung, wir müssen Sepp als Gegenkraft festhalten, alle sehen aus wie früher die Heizer von Dampflokomotiven. Und tatsächlich: die verflixten Schrauben, offenbar gerührt von so vielköpfiger Zuwendung, geben nach und lassen sich drehen.

Inzwischen sind die Ersatzteile aus Koblenz gelandet. Das Einfädeln des neuen Riemens erfordert noch einmal Geschick und Kraft, aber dann liegt es wieder an Sepp: Bitte drei Schrauben festziehen – und zwar mit möglichst genau 45 Nm plus 120 Grad, aber ohne Drehmomentschlüssel und ohne Verlängerung. Wieder wackelt der Transit, wieder ächzt der Sepp, aber die Schrauben sind drin und fest. Alles wieder zusammenbauen, Zündschlüssel drehen und siehe da: Der gute Transit schnurrt, die Lichtmaschine lädt, die Klimaanlage kühlt, der rechte Scheinwerfer leuchtet. Danach geht es erstmal in den Biergarten.

Plötzlich taucht unser 15. Mann doch noch auf: Marc, der Schottland mit seinem Opel Admiral 2.8 durchkreuzte, will sich auf dem Rückweg doch noch etwas Jahrestreffen-Feeling abholen und stößt zum Abendessen dazu.

 

Die Tage in Lahnstein vergehen wie im Flug und wir genießen die Gegend um Rhein und Lahn, die so anders aussieht als bei uns zu Hause, wo es zwar reichlich Berge und Seen gibt, aber keine schiffbaren Flüsse in der Nähe, keine Fähren, keine großen Brücken. Wie jedes Jahr freuen wir uns diebisch, alle anderen AFF zu treffen und empfinden Dankbarkeit wegen der Mühe bei der Organisation des Treffens und den Ausfahrten. Alle unsere sechs mitgebrachten Ford-Oldies laufen komplett pannenfrei auf den schönen Ausfahrten in einer traumhaften Landschaft. Warum ist es am Rhein so schön?
Die größte Spannung entsteht auf der Rückreise: Schaffen es alle Autos wieder heil an den Alpenrand? Na klar, auch der arme Transit – pannenfrei! Nur leider diesmal ohne Weißwurst-Pause beim guten Klaus.